Die Fondation Cuno Amiet wünscht Ihnen frohe Festtage
Wir blicken auf ein bewegtes und turbulentes Jahr 2020 zurück. Das Corona-Virus hat unser Leben auf den Kopf gestellt. Viele Dinge, die wir noch vor Kurzem für unmöglich gehalten haben, begleiten uns nun im Alltag. Es gibt kaum einen Bereich, der nicht von derCorona-Pandemie betroffen ist, beruflich wie privat. Gerade auch die Kunst- und Kultur-Szene leidet stark unter den Einschränkungen, viele Künstler bangen um ihre Existenz.
Krisen und Schicksalsschläge gehören zum Leben. Auch Cuno Amiet blieb davon nicht verschont. Ein einschneidendes Ereignis in seinem Leben war der Brand des Glaspalastes in München im Jahre 1931. Diesem Brand fielen alle an der «Retrospektive Cuno Amiet» ausgestellten Werke, die einen wichtigen Teil seines Lebenswerkes ausmachten, den Flammen zum Opfer. Cuno Amiet trug diesen Schicksalsschlag gefasst und liess sich nicht entmutigen sondern versuchte mit kreativen, neuen Schöpfungen den Verlust auszugleichen. Die Anteilnahme der Schweizer Kunst- und Kulturszene und seiner Freunde war riesig und Cuno Amiet bedankte sich für die Beileidschreiben mit folgendem, handsignierten Kärtchen:
Mit diesem Zuversicht verströmenden Spirit Cuno Amiets wollen wir gemeinsam mit positiver Einstellung ins neue Jahr starten. Vielleicht mit mehr Zeit für sich und die bewusste Begegnung mit Kunst und Kultur. Lassen Sie die Kraft des künstlerischen Schaffens auf sich wirken und geniessen diese besonderen, positiven Momente.
Wir wünschen Ihnen und Ihren Familien eine ruhige und besinnliche Weihnachtszeit, gute Gesundheit und mögen alle Hoffnungen und Wünsche für das kommende Jahr in Erfüllung gehen.
Herzliche Grüsse
Fondation Cuno Amiet
Handsignierte Karte von Cuno Amiet als Dank für die
Anteilnahme am grossen Verlust.
Amiet-Archiv, Fondation Cuno Amiet, Aarau
Cuno Amiet - Der Literaturinteressierte
Schon als Gymnasiast geniesst Cuno den fremdsprachlichen Unterricht des feingebildeten Professors Martin Gisi, der durch seine bemerkenswerte Studie über «Französische Schriftsteller in Solothurn» noch heute bekannt ist. Eine nachhaltige Wirkung auf Amiet‘s Geistesentwicklung übt der feurige junge Professor Walther von Arx (1853–1922) aus. Amiet, der selber in seinen Briefen und Aufzeichnungen viele seiner Erlebnisse in einer angenehmen, flüssigen und bilderreichen Prosa schreibt und als Verseschmied zahlreiche tiefe Sinnsprüche und treffende Neujahrswünsche dichtet, formt seinen Sprachschatz und sein literarisches Empfinden bei diesem geistreichen Deutschlehrer. Amiet liest gerne und viel. So oft es ihm die Zeit erlaubt, vor allem in den Wintermonaten, vertieft er sich abends in einen Gedichtband, in Novellen oder in eine Erzählung. Er ist ebenso der heimischen wie auch der klassischen Literatur zugetan. Zu einigen Gedichtbänden steuert Amiet Illustrationen bei. Gleichzeitig pflegt er den persönlichen Kontakt zu Literaten wie zu Hermann Hesse, Adolf Frey, Simon Gfeller, oder Carl Spitteler.
Brief Cuno Amiet an Hermann Hesse (18.3.1931)
«Ich habe ‹Narziss und Goldmund›, Ihr schönes Buch gelesen. Langsam, geniesserisch, mit einem Zeichenblock zur Seite & so entstanden die Blätter, die ich Ihnen, wenn Sie die Freundlichkeit hätten, sie anzunehmen, gerne schenken möchte. Diese Zeichnungen wurden ohne Verstand gemacht. Der Bleistift in meiner Hand glitt einfach über das Papier hinweg. Fast muss ich sagen: Die Verantwortung dafür muss ich Ihnen zuschieben. Und doch stellen sie genau das dar, was ich von Ihrem Buch empfinde.»
Hesse hat Amiet das Gedicht Besinnung zugeschickt, und der Maler antwortet am 03.01.1934:
«Lieber Freund. Für Vieles habe ich Ihnen zu danken, ich kann es nicht einmal mehr aufzählen. Etliche Briefe wurden auch schon angefangen & auf die Seite gelegt. Bei der Besinnung musste ich die Feder nehmen & es flossen aus ihr die paar Zeichnungen die ich hier beifüge. Meine Frau fragt: Warum machst Du auch nur bei Hesse solche Dinge?»
Postwendend reagiert Hesse am 05.01.1934:
«Schon Ihr liebes Neujahrsblatt brachte mir von Ihnen eine Freude ins Haus, und jetzt haben Sie mir noch diesen ganz besonderen Gruss geschickt, die Zeichnungen zu meinem letzten Gedicht. Haben Sie schönen Dank! Es schwingt da Zuflucht: wo Begrenzung eine so schöne Weite, die Blätter sind wie die Erzählung von wirbelnden Kreisen, die ihren Mittelpunkt suchen und damit jene letzte und Ruhe eins sind.»
Brief von Cuno Amiet an Hermann Hesse
«Die Nürnberger Reise»
Ich habe sie mit grösstem Vergnügen gelesen. Gleich der Eingang hat mir so recht Freude gemacht, wo von dem unbewussten Handeln die Rede ist. Das habe ich doch nach & nach auch gemerkt, jedes Ding, von dem man weiss, wie es wird & wirkt ist leblos & bietet kein Interesse. Man muss den Mut haben, immer das zu machen, was einem einfällt. Ob, was herauskommt, gut oder schlecht ist, weiss man nachher. Aber man will doch nicht etwas Gutes oder etwas Schlechtes machen, man will doch nur seine Persönlichkeit zum Ausdruck bringen. So wirkt auch jede Ihrer Äusserungen unerwartet & lebendig & man ist von Seite zu Seite gefesselt & beglückt & bereichert. Ich danke Ihnen herzlich.»
Sämtliche Dokumente dieses Artikels sind erfasst in unserem historischen Archiv.
Sommerimpressionen auf der Oschwand in Werken und Fotos
Passend zur Jahreszeit einige sommerliche Impressionen aus unserem historischen Archiv im Wechsel mit Werken Cuno Amiets.
Cuno Amiet feierte am 28. März Geburtstag - eine Anekdote aus unserem Archiv
Cuno Amiet würde am 28. März seinen 152-zigsten Geburtstag feiern. Anlässlich seines 50-zigsten Geburtstages schenkte Anna Amiet ihrem Mann, 1918, einen Solothurner Sandstein. Was sollte er damit anfangen? Nun, er begann zu meisseln und Teil um Teil davon zu lösen bis er merkte, dass das Bildnis seiner Frau zum Vorschein kam. Jetzt aber galt es, Sorge zu tragen, und behutsam brach er Brocken auf Brocken heraus, welche das kostbare Bildnis umschlossen hielten, bis am Ende der edle Kopf mit dem welligen, langen Haar vollends gelöst war.
Cuno Amiet hatte die Büste seiner Frau Anna zeitlebens in seinem Atelier auf der Oschwand, in der Nähe seiner Staffelei, stehen. Die beiden verband eine innige Liebe, geprägt von gegenseitiger Achtung.
In den Jahren 1918 – 1922 entstanden weitere Büsten von Cuno Amiet. Hier ein kleiner Überblick über diese Schaffensperiode:
«Blumen für die Kunst» im Aargauer Kunsthaus vom 3. bis 8. März 2020
Einen sinnlichen Auftakt in den Frühling verspricht die Ausstellung «Blumen für die Kunst» im Aargauer Kunsthaus. Auch die siebte Ausgabe setzt das Gespräch zwischen Floristik und Kunst fort. Schweizer Meisterfloristinnen und Blumenkünstler, darunter ein Jungtalent und ein Gast aus Ungarn, stellen ihre Kompositionen aus frischen Blumen klassischen und zeitgenössischen Werken aus der Sammlung des Aargauer Kunsthauses und der Wechselausstellung «Sammlung Werner Coninx» gegenüber: ein Konzept, das überraschende Sichtweisen ermöglicht.
Ein schönes Video des Kunsthauses Aargau kann unter folgendem Link betrachtet werden:
Schon zum sechsten Mal ist Cuno Amiet mit einem Werk vertreten. Diesmal mit dem 1892 entstandenen Werk «Mondnacht auf dem Meer» (Titel SIK: Pont-Aven, Hafen bei Nacht), floral interpretiert vom Jungtalent Annika Junghans. Sie arbeitet bei GINKGO Blumen in Amriswil.
Die Fondation Cuno Amiet freut sich sehr über diesen spannenden Dialog zwischen Amiets Frühwerk und zeitgenössischer Floristik. Von Annika Junghans wollten wir wissen, wie sie ihre anspruchsvolle Gestaltungsaufgabe des monochron in blau gehaltenen Werkes angeht:
«Das Bild von Cuno Amiet hat mich sofort in seinen Bann gezogen, ein bisschen Liebe auf den ersten Blick. Ich finde es unglaublich faszinierend dass das Bild zwar eher kleinflächig ist und dennoch so eine grosse Ausstrahlung hat. Ganz besonders finde ich die Ferne und dieses „Ewige“ des Meeres. Für mich hat Cuno Amiet das Meer perfekt eingefangen, Tiefgang, Weite, und etwas Beruhigendes beinahe Tröstendes. Bei meiner Interpretation möchte ich, diese Tiefe, Vielschichtigkeit und Ruhe widerspiegeln und zum Ausdruck bringen. Und mit einer breiten Palette Blau, in verschiedensten Nuancen, Facetten und Strukturen, spielen.»
Passend zu diesem Werk haben wir in unserem historischen Archiv folgenden Text Cuno Amiets gefunden, publiziert in der Zeitschrift DU aus dem Jahre 1946.
Weitere Informationen zu dieser empfehlenswerten Ausstellung finden Sie auf der Webseite des Aargauer Kunsthauses unter: www.aargauerkunsthaus.ch.
Cuno Amiet an der Ausstellung «Making van Gogh» im Städel Museum Frankfurt
Ein Erfahrungsbericht von Daniel Thalmann, Urenkel von Cuno Amiet und
Stiftungsratspräsident der Fondation Cuno Amiet
Die Entstehung des «Mythos van Gogh» um 1900 und die Bedeutung seiner Kunst für die Moderne in Deutschland stehen im Mittelpunkt dieser, seit 20 Jahren umfangreichsten Präsentation mit Werken von Vincent van Gogh in Deutschland. Im Dialog mit Werken deutscher Künstler und Vertreter der «Brücke» wird dabei Vincent van Goghs Schlüsselrolle für die Kunst der deutschen Avantgarde deutlich. Das «Brücke»-Mitglied Cuno Amiet ist als einziger Schweizer Künstler an dieser bedeutenden Ausstellung vertreten.
Van Goghs «L’Arlésienne» als markanter Auftakt.
Beim Betreten der Ausstellung werden die Besucherinnen und Besucher vom prägnanten, kontrastreichen Werk «L’Arlésienne» (1888) empfangen. Dieses Bild erinnert an die gemeinsame Zeit von Vincent
van Gogh und Paul Gaugin in Arles. Beide Meister portraitierten Mme Genoux, die Besitzerin des Cafés de la Gare. Seinem Bruder Theo schrieb van Gogh: «Ich habe endlich eine Arlésienne, eine
Figur, die ich in einer Stunde auf die Leinwand gebracht habe. Der Hintergrund ist helle Zitronenfarbe, das Gesicht grau, das Gewand schwarz, schwarz, schwarz und ganz preussischblau. Sie stützt
sich auf einen grünen Tisch und sitzt auf einem orangenfarbenen Holzstuhl». Das Werk lebt von den grossen, zusammenhängenden Farbflächen und Komplementärkontrasten.
Bildimpressionen der Ausstellung «Making van Gogh» im Städel Museum Frankfurt:
Hommage an die Leistungsschau der Moderne in Köln.
Rund um das Bild «L’Arlésienne» findet im ersten Ausstellungsraum eine Wiedervereinigung von mehreren Werken van Goghs statt, die 1912 an der Sonderbund-Ausstellung in Köln zu sehen waren. An der
damaligen Ausstellung internationaler, moderner Gemälde und Skulpturen hatte die «L’Arlésienne» einen bedeutenden Auftritt, zusammen mit 124 weiteren Werken von Vincent van Gogh. Insgesamt waren
634 Werke der Avantgarde aus Europa ausgestellt. Neben weiteren Künstlern wie Paul Cézanne, Paul Gauguin, Pablo Picasso, Edvard Munch, Henri Matisse, Ludwig Kirchner oder Erich Heckel stellte
Cuno Amiet als bedeutendster Vertreter der Schweizer Moderne mehrere Werke aus. Die Sonderbund-Ausstellung wurde zur Sensation und förderte die Entwicklung der deutschen und internationalen,
modernen Malerei.
Die aktuelle Ausstellung «Making van Gogh» im spektakulären Erweiterungsbau des Städel Museums zeigt eindrücklich, welchen Einfluss van Gogh bereits zu Lebzeiten auf sein Umfeld hatte und dass der Mythos um den niederländischen Maler im Wesentlichen in Deutschland entstand und er dort posthum die grössten Erfolge feierte und eine ganze Generation von Künstlern inspirierte.
Amiets intensive Auseinandersetzung mit dem Vorbild.
Auch Cuno Amiet liess sich durch sein grosses Vorbild Vincent van Gogh inspirieren. Erstmals begegnete er van Goghs Kunst 1892/93, während seines Aufenthalts in der Künstlerkolonie in Pont-Aven.
Aus den dort zirkulierenden Erzählungen und eigenen Experimenten lernte er seine Malweise kennen. Amiet setzte sich systematisch und analytisch mit van Goghs Malerei auseinander und fertigte auch
Kopien seiner Bilder an, um vollständig in sein Denken und seine Vorgehensweise einzutauchen. Überdies setzte er aus der van Gogh’schen Bildsprache eigenständige Kompositionen um. Van Goghs Werk
«L’Arlesienne» (1988) beeindruckte Cuno Amiet und er fertigte davon eine Kopie aus seiner «Erinnerung» an, wie er auf dem Bild vermerkte. Das besagte Bild sah er zuvor nur einmal an der van
Gogh-Ausstellung 1908 in München, hatte eine genaue Bildbeschreibung vom Sammler Josef Müller und kannte die schwarz-weiss Abbildung aus der Publikation von Julius Meier-Graefe. In der aktuellen
Ausstellung «Making van Gogh» sind nun beide Werke vertreten. Das Original der «L’Arlésienne» (1888) von Vincent van Gogh und Cuno Amiets Kopie, die mit ihrer Farbigkeit und Strahlkraft
überzeugt. Neben Amiets «L’Arlésienne» hängt sein Selbstbildnis (1907), eine eigenständige Komposition, inspiriert von van Goghs «Bildnis des Oberaufsehers Trabuc».
Cuno Amiet als Vermittler der klassischen Moderne.
Cuno Amiet wusste über die zukunftsweisende Kraft von van Goghs Kunst und empfahl Schweizer Sammlerinnen und Sammlern Werke von van Gogh in ihre Sammlungen aufzunehmen. Auf seinen Rat hin erwarb
der Kunstsammler Richard Kisling 1907 das Werk «Zwei Kinder» (1890) von Vincent van Gogh was Kisling zum ersten Besitzer eines Bildes des Meisters in der Schweiz machte. 1908 erwarb die Sammlerin
Gertrud Dübi auf Amiets Empfehlung das Werk «Bildnis des Oberaufsehers Trabuc». Das stetig wachsende Interesse an van Gogh wirkte sich positiv auf die Entwicklung der modernen Malerei in der
Schweiz aus. Cuno Amiet gehörte um 1900 nicht nur zu den Erneuerern der Malerei in der Schweiz sondern auch in Deutschland. Auf Einladung von Erich Heckel trat er 1906 der expressionistischen
Künstlervereinigung «Brücke» bei. Die Begegnung mit Amiets Malerei war für die «Brücke» von wichtiger Bedeutung.
«Making van Gogh» - ein aussergewöhnliches Kunsterlebnis.
Die Ausstellung zeigt mehr als 120 Werke und Arbeiten auf Papier, davon 50 mehrheitlich zentrale Werke van Goghs aus allen Schaffensphasen. Die Besucher erleben die faszinierenden Zusammenhänge
zwischen Zeitgeschichte und Malerei an einem spektakulären Ausstellungsort. «Making van Gogh» thematisiert die besondere Rolle, die Galeristen, Museen, Privatsammler und Kunstkritiker in
Deutschland des frühen 20. Jahrhunderts für die posthume Rezeption van Goghs als «Vater der Moderne» spielten. Die Ausstellung im modernen, unterirdischen Erweiterungsbau ist in drei
Themenbereiche «Mythos», «Wirkung» und «Malweise» aufgeteilt. Van Goghs Kunst steht im Dialog mit Bildern von Künstlern wie Ludwig Kirchner, Max Beckmann, Erich Heckel, Max Pechstein, Paula
Modersohn-Becker oder Cuno Amiet. Dabei wird Vincent van Goghs Rolle als Schlüsselfigur für die Kunst der deutschen Avantgarde deutlich. Ein Besuch wird zum ganzheitlichen Kunstgenuss, der sich
im Vorfeld mit dem Digitorial (vangogh.staedemuseum.de) unkompliziert vorbereiten lässt und das Audio-App auf das Smartphone geladen werden kann.
Weitere Informationen zu dieser faszinierenden Ausstellung finden Sie auf der Webseite des Städel Museums.
Die Ausstellung findet auch bei der Presse grosse Beachtung so berichtete z.B. die Frankfurter Allgemeine Zeitung, diverse Nachrichten-Portale wie auch das ZDF darüber.